Seit September 2017 können Kunden der Maersk Line dank Remote Container Management jederzeit den Zustand und die Position ihrer Kühlcontainer einsehen. Das hilft, die Zuverlässigkeit der gesamten Kühlkette zu optimieren, wie die Reederei bei der Vorstellung des Systems auf der Fruit Logistica betonte.
Ein GPS-Empfänger, ein Modem und eine Sim-Karte – und das 270 000 Mal, in allen Kühlcontainern der dänischen Reederei Maersk Line. Diese Hardware war nötig, damit der Branchenprimus seine Remote Container Management genannte Transparenz-Plattform starten konnte. Zusätzlich wurden Mobilfunk-Antennen auf 400 Schiffen installiert, allen Maersk-eigenen sowie auch auf über 100 langfristig gecharterten. Mit diesen wird auf jedem Schiff ein eigenes GSM-Netz aufgespannt, über das die Container dank einer Satellitenverbindung der Schiffe sich auch dann online melden können, wenn sie auf hoher See sind, außerhalb der landgestützten Handynetze. Seit 2011 hat Maersk seine Reefer-Container nach und nach mit dieser Hardware ausgestattet und das System für eigene Zwecke genutzt, seit 2016 hat die Reederei nach Angaben von Thue Petersen, Leiter der Abteilung Commercial RCM bei Maersk, daran gearbeitet, es auch für seine Kunden direkt nutzbar zu machen. Zum 1. September 2017 war es dann soweit, gut einen Monat später als eigentlich angekündigt – Maersk war einer der renommierten Konzerne, die im Sommer 2017 vom Verschlüsselungsvirus Notpetya betroffen waren (siehe Frischelogistik 4/2017). »Das System war ausgefallen, aber die Daten (von RCM) wurden nicht beschädigt«, erklärte Anne-Sophie Karlsen, Global Head of Reefer Management auf einer Pressekonferenz von Maersk im Rahmen der Fruit Logistica Anfang Februar in Berlin. Als eine Lehrstunde, die das Unternehmen für die Zukunft sehr ernst nehme, bezeichnete sie den Angriff, nicht nur Maersk, sondern vielen Firmen sei dadurch klar geworden, dass Cybersecurity kein Thema für den IT-Leiter ist – sondern auf CEO-Ebene diskutiert werden müsse.
Zum Zeitpunkt der Messe, fünf Monate nach dem Start, würden rund 60 Prozent der Kunden RCM nutzen, erklärte Petersen. »Je empfindlicher die Fracht ist, umso höher ist der Wert von RCM«, erklärte er, Kunden, die tiefgekühlte Ware verschiffen, nutzen das System zum Beispiel nicht so verbreitet. Außerdem sei die Fruit Logistica die erste Veranstaltung, auf der RCM verstärkt beworben wurde.
Kostenfreie Informationen
Das Remote Container Monitoring stellt Kunden von Maersk über eine Internetplattform Daten zur Position und zu den atmosphärischen Bedingungen innerhalb des Containers sowie dessen Einschaltzustand während der gesamten Fahrt zur Verfügung. Damit haben die Nutzer sowohl auf dem Straßenweg zum oder vom Verschiffen, im Hafen und auf See Informationen zu ihren Gütern, was die Transparenz der Supply Chain erweitern würde, so Maersk. Der Zugang zur RCM-Plattform ist integriert in das Buchungssystem der Reederei, der Zugang in der Basisversion ist für Kunden kostenfrei. In einer erweiterten Version stehen die Daten der letzten sechs Monate auch zum Herunterladen zur Verfügung, erklärte Petersen. Hierfür gebe es verschiedene Preismodelle, die Kosten liegen für durchschnittliche Kunden nach seinen Angaben bei rund zehn US-Dollar pro Container und Halbjahr. Die Premium-Version werde momentan von 35 Kunden genutzt, berichtete der RCM-Abteilungsleiter in Berlin.
Rechtzeitige Reaktion spart bares Geld
Maersk selbst nutzt die Informationen des RCM, um die Kühlcontainer aus der Ferne zu managen. In den ersten sechs Monaten 2017 habe das System die Reederei über mehr als 4500 fehlerhafte Temperatureinstellungen bei Kühlcontainern der Kunden informiert. Bei 200 dieser Fälle sei die Abweichung so stark gewesen, dass ohne das durch die RCM-Warnung ermöglichte Eingreifen von Maersk-Mitarbeitern die Fracht im Wert von insgesamt mehreren Millionen Dollar verloren gewesen wäre. Neben dem Eingriff aus der Ferne kann Abhilfe bei solchen Warnungen auch darin bestehen, dass lokale Techniker informiert werden, die vor Ort eine Reparatur vornehmen.
Kühlkette überprüfen und sichern
Für Kunden bedeutet die durch RCM mögliche Transparenz zum einen eine sicherere Kühlkette. Petersen nannte als Beispiel aus der Praxis, dass Hafenarbeiter oder LKW-Fahrer die Kühlcontainer von Zeit zu Zeit vom Netz nehmen, um Strom zu sparen. Dank der Fernüberwachung ist dies nun sofort ersichtlich. Ebenso können Auftraggeber kontrollieren, ob die Kühlcontainer auf einer Farm wie vielleicht vereinbart vorgekühlt werden, bevor das Ladegut eingebracht wird. Hier kommt auch ein weiterer Vorteil der Transparenz zum Tragen: Es wird durch die Daten nicht nur die verbreitete Diskussion entschieden, wer in der Kette denn für einen eventuell aufgetretenen Schaden verantwortlich ist, er kann unter Umständen auch rechtzeitig abgewendet werden und für die Zukunft durch präventive Maßnahmen effektiver verhindert werden. Außerdem geben Informationen über außerplanmäßige Ereignisse dem Kunden auch die Möglichkeit, sich früher auf sie vorzubereiten und zum Beispiel ihrerseits Kunden zu informieren, alternative Routen zu planen oder den Container bereits an einem früheren Hafen als ursprünglich vorgesehen zu entladen, um Ware vielleicht noch mit Rabatt verkaufen zu können. »Die alten Zeiten des Wartens, Hoffens und Reagierens sind vorbei«, beschreibt das Vincent Clerc, Chief Commercial Officer bei Maersk Line, »unsere Kunden können jetzt beobachten und Entscheidungen über ihre Supply Chain treffen während die Fracht sich bewegt. Und sie können die Daten verwenden, um die gesamte Supply Chain zu untersuchen und zu verbessern.«
»Wir erwarten, dass wir in Folge von RCM einen Anstieg bei unseren traditionellen Perishable Kühlcontainer-Volumina wie Agrarprodukten sehen werden, aber auch neue Chancen in Bereichen wie Pharmazeutika, in denen es auch den Bedarf nach der Art von Zuverlässigkeit der Supply Chain gibt, die RCM bietet«, so Karlsen. Sie zeigte sich auch dessen bewusst, dass die Kunden sich letzten Ende gar nicht für den Zustand eines Containers, sondern für den Zustand ihrer Ware interessieren. »Wenn wir ein bisschen träumen«, so leitete sie vorsichtig ein, sei es mit der Analyse der Daten die zum Beispiel RCM liefert und Unterstützung von maschinengestützten Vorhersagemodellen irgendwann möglich, hierzu Aussagen zu treffen – Maersk habe dieses Ziel klar im Blick… (ms)◂
Übernahme von Hamburg Süd abgeschlossen
Am 30. November 2017 konnten Maersk Line und die Oetker Gruppe die Transaktion abschließen, mit der die Dänen die Containerreederei Hamburg Süd übernommen haben. Das entsprechende Vorhaben hatte Maersk Anfang Dezember 2016 angekündigt, der Kaufpreis beträgt 3,7 Milliarden Euro. Insgesamt musste behördliche Genehmigungen in 23 Rechtsräumen für den Deal eingeholt werden, den Abschluss machten Ende November nun die Wettbewerbswächter in Korea. Maersk erwartet ab 2019 Synergien in Höhe von 350 bis 400 Millionen US-Dollar jährlich von der Übernahme. Nach der Übernahme hat Dr. Arnt Vespermann als CEO von Hamburg Süd übernommen. Die Marke soll erhalten bleiben.
105 Schiffe von Hamburg Süd werden in die Flotte von Maersk Line integriert, die dann 772 eigene und gecharterte Schiffe umfassen wird. Man habe bereits damit begonnen, auch diese Schiffe und die Kühlcontainer von Hamburg Süd mit dem für Remote Container Management nötigem Equipment auszurüsten, berichtete Thue Petersen auf der Fruit Logistica. Wahrscheinlich würden die technischen Voraussetzungen für das System bis Ende des Jahres auch dort im nötigen Maß vorliegen, um ein ähnliches Angebot zu starten, wahrscheinlich auf einer eigenen Plattform.
Maersk und IBM gründen Blockchain-Joint Venture
Mitte Januar haben Maersk und IBM angekündigt, ein Joint Venture zu gründen, das die vieldiskutierte Blockchain-Technologie dazu verwenden soll, den Welthandel zu erleichtern und die Supply Chain zu digitalisieren. Ein entsprechendes System will man gemeinsam entwickeln, die Basis soll ein offener Standard sein, der von der gesamten globalen Schifffahrtsindustrie genutzt werden kann. »Blockchain ist wie ein Ökosystem«, erklärte Karlsen auf der Fruit Logistica, »wie Facebook: Wenn Sie da keinen kennen, wollen Sie da auch nicht sein.«
Das große Ziel hinter der Initiative ist es, mehr Transparenz und Einfachheit beim Transport von Waren über Grenzen und Handelszonen zu schaffen. Die Seefracht ist nach Überzeugung der beiden Partner hier der richtige Ansatzpunkt, denn 80 Prozent der Waren, die Konsumenten Tag für Tag verwenden würden hiermit transportiert. Im Höchstfall würden die Kosten für Transportdokumente für viele dieser Waren nach Berechnungen fast ein Fünftel der Kosten des eigentlichen Transports ausmachen, so Maersk und IBM. Die Blockchain Technologie erscheint beiden als ideales Mittel, hier für Erleichterungen zu sorgen. Es handelt sich dabei um eine Art verteiltes Konto oder Register, Blockchain ermöglicht ein unveränderbares Verzeichnis aller Transaktionen, die innerhalb eines Netzwerks stattfinden und erlaubt dazu befugten Parteien Zugriff auf zuverlässige Daten in Echtzeit.
Maersk und IBM wollen für ihre Plattform neben der Blockchain-Technologie auch weitere Cloud-basierte Open-Source-Technologien einsetzen, die Stichworte dazu sind künstliche Intelligenz, Internet der Dinge und Analytik. Alle sollen über Services von IBM zur Verfügung gestellt werden.
Im Juni 2016 haben beide Unternehmen ihre Zusammenarbeit in dem Bereich gestartet, verschiedene dritte Parteien haben die bisher entwickelte Plattform in Pilotprojekten bereits getestet, darunter Dupont, Dow Chemical, Tetra Pak, Port Houston, das Portbase System der Rotterdam Port Community sowie die Zollbehörden der Niederlande und der USA. »Der erste Schritt ist es, zusammen mit Kunden zu lernen«, erklärte Karlsen, viele hätten bereits ihr Interesse angemeldet. In ihrer gemeinsamen Pressemitteilung zum Joint Venture sprechen IBM und Maersk neben der Anwendung der Plattform auf breiterer Basis auch bereits von Kommerzialisierung. Unter den daran interessierten Konzernen seien General Motors, Procter and Gamble und Agility Logistics, die Hafenterminalbetreiber APM Terminals und PSA International sowie auf Behördenseite die Zollbehörden von Singapur und Peru und das Guangdong Inspection and Quarantine Bureau in China.
Vermarktet werden sollen anfänglich zwei Kernfunktionen einer digitalisierten globalen Supply Chain: Zum einen ein Versandinformations-Kanal, der allen Akteuren der Lieferkette den sicheren und nahtlosen Informationsaustausch über Ereignisse im Zusammenhang mit dem Transport in Echtzeit ermöglicht. Und zum anderen der papierlose Handel, der es Endnutzern ermöglichen soll, Dokumente über die Grenzen der Institutionen hinweg sicher einzureichen, abzuzeichnen und zu genehmigen, digital und automatisiert. »Smarte« Verträge, die auf Blockchain basieren, würden dafür sorgen, dass alle nötigen Genehmigungen vorhanden sind, was zu einer Beschleunigung der Prozesse und Reduktion von Fehlern führe. Nach behördlicher Freigabe erwarte man, dass Lösungen des Joint Ventures innerhalb von sechs Monaten zur Verfügung stehen würden, schrieben Maersk und IBM Mitte Januar.
CEO des neuen Joint Ventures soll Michael White werden, früherer Präsident von Maersk Line in Nordamerika. Sitz des Unternehmens wird der Raum New York sein.