Eine Podiumsdiskussion zur FMD-Richtlinie und ihre Auswirkungen auf die Pharmalogistik initiierte Transco Berlin auf der diesjährigen IAA Nutzfahrzeuge. Technisch ist schon viel möglich, so die Teilnehmer – doch auch die Prozesse müssen passend gestaltet werden.
Seit der Novelle der EU-Richtlinie »Good Distribution Practice« (GDP) 2013 müssen Medikamente gemäß Lagerbedingungen transportiert werden – und damit oftmals temperaturgeführt. Ergänzend gilt ab Februar 2019 mit der Falsified Medicines Directive (FMD) eine neue EU-Guideline. Diese schreibt für rezeptpflichtige Medikamente unter anderem vor, dass die Verpackung fälschungssicher verschlossen ist und über eine Seriennummer verfügt. Doch wie kann der physische Schutz der serialisierten Ware auf dem Transportweg gewährleistet werden? Diese Frage stellen sich auf Pharma spezialisierte Speditionen wie die Transco Berlin Brandenburg GmbH zunehmend. »Die FMD sieht zwar die Verifizierung der serialisierten Ware vor, berücksichtigt aber nicht den Schutz vor Diebstahl und Manipulation während des Transportes«, stellt Transco-Geschäftsführer Thomas Schleife fest. Grund genug für den Pharma-Spediteur, die vielen offenen Fragen rund um die Sicherheit der Pharma Supply Chain im Rahmen eines Round Tables zu klären. Anlässlich der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover initiierte Transco hierzu eine öffentliche FMD-Podiumsdiskussion. Unterstützt wurde Transco vom BPW-Tochterunternehmen Idem Telematics GmbH sowie vom European Institute for Pharma Logistics (EIPL). Am Stand der BPW-Gruppe diskutierten Referenten von Teva, Idem Telematics, Van Eck und EIPL mit Schleife darüber, wie die technische Sicherheit der Lieferkette weiter erhöht werden kann. »Die Gesprächsrunde zeigte, dass die technischen Möglichkeiten für mehr Transportsicherheit gegeben sind«, so der Transco-Geschäftsführer. »Es geht jetzt darum, dass sämtliche Vertreter der Supply Chain optimal zusammenspielen müssen – inklusive Überwachungsbehörden. Wir werden die Gespräche mit den Beteiligten der Lieferkette weiter forcieren, um gemeinsam klare Regeln für die Umsetzung zu erarbeiten.«
Durchsetzung von GDP stärker kontrollieren
Die Diskussionsrunde auf der Nutzfahrzeug-Weltleitmesse verdeutlichte, dass die Fahrzeug- und Überwachungstechnik schon sehr ausgereift ist, wenn es um das Monitoring und den Schutz von Transporten geht. Dazu gehören Telematik-Produkte zum Echtzeit-Monitoring des Pharmatransports. »Wir ermöglichen mit unseren von EIPL GDP-qualifizierten Telematik-Lösungen eine lückenlose Temperaturüberwachung, haben den Fahrer im Blick und über GPS auch die Position des Fahrzeugs«, berichtete Heiko Boch, Leiter Produktmanagement bei Idem Telematics. Zudem hilft Hardware, zum Beispiel Türverschluss-Systeme für einen effektiven Diebstahlschutz, wie sie etwa der Trailerhersteller Van Eck oder die BPW-Gruppe offerieren. Die GDP-Qualifizierung des Equipments ist dabei von zentraler Bedeutung, wie EIPL-Geschäftsführer Christian Specht in der Diskussion herausstellte. Nicht zuletzt seien die Überwachungsbehörden gefragt, »die Durchsetzung der GDP stärker zu kontrollieren, um ‚schwarze Schafe’ zu identifizieren und zu sanktionieren«. Dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, verdeutlicht der aktuelle Pharmaskandal um Krebsmedikamente, die in Griechenland gestohlen und wieder in die legale Vertriebskette eingeschleust worden waren. »Wenn kriminelle Energie vorhanden ist, nutzt nicht einmal die beste Technik«, stellte Schleife fest. Deshalb müssten die Akteure der Pharma Supply Chain genau analysieren, an welchen Stellen der Kette die Kriminellen ansetzen und wie diesen Risiken begegnet werden kann.
Prozesse und nicht nur Technik
Die große Herausforderung sieht Schleife deshalb auch weniger bei der Technik, sondern vielmehr bei der Gestaltung der Pharmalogistik-Prozesse. »Neu bei der FMD ist, dass wir erstmalig bis auf die Ebene der Einzelverpackung hinuntergehen. Die Frage stellt sich: Wie gehen wir mit Abweichungen und Schadensfällen um, beispielsweise wenn während der Fahrt eine Palette mit serialisierter FMD-Ware beschädigt wird? Fahre ich als Spediteur dann zurück zum Verlader, der die Ware abscannt oder fahre ich weiter zum Empfänger? Diese Themen müssen in den kommenden Monaten geklärt werden. Und sämtliche Akteure der Supply Chain müssen hier zusammenarbeiten, denn das schwächste Glied der Kette bestimmt die Qualität.« Teva als Verlader mit eigenem Fuhrpark setzt deshalb auf größtmögliche Transparenz der Supply Chain: »Wir schließen mit Logistikdienstleistern klare Quality Agreements und betreiben eine aktive Transportüberwachung, um jederzeit nachvollziehen zu können, wo sich unsere Ware befindet«, verdeutlichte Bernd Schlumpberger, Head of Fleet and Transport Management bei Teva. »Alle Akteure der Kette müssen qualifizierte Dienstleistungen anbieten können.« Nur dann sei gewährleistet, »dass die Supply Chain sicher ist und der Patient eine Ware bekommt, die volle Wirkung hat, und nicht mit gefälschten Arzneimitteln konfrontiert wird.« Das Fazit des Transco-Geschäftsführers Schleife: »Die GDP und FMD müssten sinnvoll zusammengefasst und um den Sicherheitsaspekt erweitert werden. Bislang sehen die EU-Richtlinien für eine Reihe von Risiken in der Transportlogistik keine oder kaum konkrete Handlungsanweisungen vor.«◂