Unitechnik hat das mit einem Volumen von 600 000 Tonnen Frisch- und Trockenwaren jährlich größte Cargoterminal Afrikas realisiert. Es bietet dank seiner Kühltechnologie, Sicherheitsstandards und Logistikprozesse hocheffiziente Frischelogistik für Kaffee, Frischfleisch und Schnittblumen.
Schnittblumen, Frischfleisch, Kaffee und Gemüse: Äthiopien exportiert zahlreiche Güter, für die eine ununterbrochene Kühlkette und die Einhaltung hoher Qualitätsstandards in der Logistik erforderlich sind. Besonders bei verderblicher Ware spielen professionelle Lagerung, lückenlose Dokumentation und ein schneller Umschlag eine entscheidende Rolle und sind zudem wichtige Voraussetzungen für den Handel mit Industriestaaten. Eine Grundlage für den effizienten Export und Warenumschlag schaffen die Regierung und die nationale Fluggesellschaft Ethiopian Airlines (EAL) mit dem neuen Luftfrachtterminal. Zeitgleich tätigen sie damit eine nachhaltige Investition in die gesamte Infrastruktur Äthiopiens: Von Addis Abeba aus gehen Trocken- und Frischwaren in die ganze Welt. Die Regierung fördert zusätzlich besonders die Modernisierung der Landwirtschaft.
Der Wiehler Generalunternehmer Unitechnik hat das Projekt für EAL geplant und realisiert. Unitechnik realisierte das Projekt in enger Zusammenarbeit mit Amova. Gemeinsam treten beide Unternehmen unter der Marke Acunis auf. Die neue Air-Cargo-Anlage erweitert die Kapazität des bereits bestehenden Luftfrachtterminals, das ebenfalls von der Unitechnik-Gruppe realisiert wurde, und schafft die Voraussetzungen für den effizienten Umschlag von Blumen und anderen Frischwaren. Ethiopian Airlines steigert seine bisherige Durchsatzleistung mit dem Neubau von 120 000 Tonnen pro Jahr auf 720 000 Tonnen und damit um das Sechsfache. Auf den zukünftigen Ausbau der Anlage ist die Airline mit der geplanten Erweiterung des Terminals auf 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr bereits vorbereitet. »Langfristig wollen wir mit der Investition erreichen, dass unsere Hauptstadt nicht nur Frachtdrehscheibe für den afrikanischen Kontinent wird, sondern sich auch als internationaler Cargo-Hub etabliert. Damit treten wir in direkten Wettbewerb mit Hubs wie Dubai«, erklärt Tewolde GebreMariam, CEO von Ethiopian Airlines.
Von der Land- zur Airside und umgekehrt
Abgewickelt werden über die neue Anlage sowohl Export- und Importaufträge als auch Transitprozesse, bei denen das Terminal als Umladestelle dient. Unterteilt ist das Frachtzentrum in eine großflächige Kühlzone (17 000 Quadratmeter) mit Temperaturbereichen von 2 bis 10 °C und eine ungekühlte Trockenzone (19 000 Quadratmeter). Die computergesteuerte Anlage hat eine Kapazität von 600 000 Tonnen Fracht pro Jahr. Kernstück des Terminals sind zwei automatische Läger für Luftfrachtcontainer (Unit Load Devices, ULDs) mit Platz für 1000 Zehn-Fuß-Container. Die Anlage ist für das Handling unterschiedlicher ULDs bis zu einer Größe von 20 Fuß konzipiert. Die Ein- und Auslagerung der bis zu 6,8 Tonnen schweren Alu-Container erfolgt durch vier automatische Regalbediengeräte. Für einen optimalen Durchsatz sind die Anforderungen an die Prozesskette besonders hoch. Ist ein Frachtflieger gelandet, muss er so schnell wie möglich entladen und mit neuer Fracht bestückt werden. Bei Frischwaren hat die Einhaltung der Kühlkette zudem oberste Priorität.
Frischware aus Äthiopien
Mit dem großflächigen Frischebereich (Perishable-Terminal) hat EAL ausreichend Kapazität für den Umschlag von Frischwaren geschaffen. Die zukunftssichere Anlage ist nach internationalen Standards konzipiert und stellt eine ununterbrochene Kühlkette für die verderblichen Waren sicher. Dazu ist eine hochmoderne und energieeffiziente Anlage im Einsatz, die die Kühlung des 17 000 Quadratmeter großen Hallenkomplexes übernimmt. Die Kühlung der kompletten Hallenfläche von den Toren auf der Airside bis zu den LKW-Rampen auf der Landside gewährleistet die Einhaltung der Kühlkette über alle Prozessabläufe hinweg. Spezielle Kühlkammern (Chiller) sorgen zudem dafür, dass Ware, die von außen kommt, schnellstmöglich auf die Zieltemperatur gebracht wird.
Äthiopien exportiert Ziegen- und Lammfleisch
Besonders temperatursensibel reagieren Schnittblumen auf Transport und Lagerbedingungen: Damit sie noch sieben Tage lang in der Vase blühen, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Die geringe Haltbarkeit ultrafrischer Produkte macht daher eine extrem enge Zeitspanne zwischen Bestellung und Zustellung erforderlich. Auch von der Logistik ist ein hohes Maß an Flexibilität, Reaktionsfähigkeit und Schnelligkeit gefordert. Nach Kenia zählt Äthiopien zu den wichtigsten Exportländern für Schnittblumen. Abgesehen davon gehört auch Frischfleisch zu Äthiopiens Exportgütern. Bislang machen Produkte tierischen Ursprungs, unter anderem Ziegen- und Lammfleisch, rund elf Prozent des Gesamtexportvolumens aus. Für das Handling von Frischfleisch ist das Cargo Terminal ebenfalls bereits ausgelegt: Über eine Fleischhakenbahn mit Kettenfördertechnik gelangen die gekühlten und zum Teil tiefgefrorenen Waren ins Logistikzentrum. Die hängende Lagerung gewährleistet hygienisch einwandfreie Transportketten. Unter exakt abgestimmten Lagerbedingungen werden die Frischwaren bis zum weiteren Transport aufbewahrt. Der Großteil der Nahrungsmittel geht in die USA und nach Saudi-Arabien, aber auch Deutschland und China gehören zu den größten Abnehmern äthiopischer Exportgüter.
Für Import und Export ausgelegt
Ist der Frachtflieger entladen und sind die ULDs in den Automatiksystemen eingelagert, beginnt die eigentliche Arbeit im Cargoterminal. Waren für den Import werden für den Weitertransport per LKW auf Paletten umgepackt. Die ULDs fahren dazu auf spezielle Arbeitsstationen, die Workstations. Zum einfachen Be- und Entladen lassen sich diese Workstations absenken. Die Zielpaletten werden per Gabelstapler in einem manuellen Palettenlager zwischengelagert. Waren, die exportiert werden, vollziehen den Prozess in umgekehrter Reihenfolge. Sie werden anschließend ans Flugzeug transportiert. Der durchdachte Mix aus automatisierten und manuellen Systemen gewährleistet einen hohen Durchsatz bei maximaler Verfügbarkeit.
Umfassendes Sicherheitssystem
Ein- und ausgehende Ware wird mit neuster Röntgentechnologie durchleuchtet und von fachkundigem Personal begutachtet. Um den Zutritt von unbefugten Personen zu verhindern, ist das Terminal mit einem modernen Zugangskontrollsystem ausgestattet. Eine umfangreiche CCTV-Kameraanlage überwacht zudem die Anlage vollumfänglich. Die Arbeitssicherheit der Mitarbeiter nimmt ebenfalls einen hohen Stellenwert ein: Lichtschranken an den Toren schützen den Zugang zum vollautomatischen Bereich und bringen die Automatikanlage zum Stillstand, sobald Personen die kritische Zone betreten. Um eine permanente Verfügbarkeit der Automatikanlagen zu gewährleisten, wird der Lagerbetrieb zudem über mehrere Generatoren abgesichert. Im Falle eines Stromausfalls springen diese ein und decken den Strombedarf der Anlage für mehrere Stunden.
Lagerprozesse exakt steuern
Das Gehirn der Logistikanlage ist das Warehouse-Management-System. Das auf der Softwareplattform Uniware, dem von Unitechnik entwickelten Lagerverwaltungssystem, basierende Leitsystem verwaltet alle Lagerplatzbelegungen und koordiniert die automatischen und manuellen Bewegungen der frischen Güter. Dazu zählen alle Warenbewegungen zwischen der Landside und der Airside. Das WMS koordiniert die ankommenden Güter an der LKW-Rampe und weist den Paletten einen Platz im manuellen Hochregallager zu. Auf der Airside identifiziert das System die ankommenden ULDs und steuert die Einlagerung im automatischen ULD-Hochregallager. Auf der Fläche zwischen dem Palettenlager und dem ULD-Lager werden die ULDs mithilfe von höhenverstellbaren Workstations beladen (build up) oder entladen (break down). Den Überblick über den komplexen Materialfluss behalten die Mitarbeiter über die im WMS integrierte Visualisierung Uniware-Visu. Diese zeigt den Zustand und die Abläufe im Lagerinneren in Echtzeit. Das intuitive Lagerverwaltungssystem lässt sich dank mobiler Datenterminals überall im Lager bedienen. Uniware kommuniziert mit dem Hostsystem Cargospot, das die übergeordnete Koordination der Frachtaufträge übernimmt. »Unser ICS bietet Schnittstellen zu allen Cargohosts und gewährleistet so prozesssichere Abläufe in der komplexen Cargo-Logistik. Uniware ist auf mehr als zwölf internationalen Flughäfen im Einsatz«, so Projektleiter Sebastian Sommer von Unitechnik.◂