Bei der Emmi Schweiz AG wurde eine komplette Kälteanlage mit dem natürlichen Kältemittel Ammoniak ersetzt. Die SSP Kälteplaner AG war verantwortlich für die Gesamtprojektleitung und auch Fachspezialist für Ammoniakkältesysteme.
Die Milchverarbeiterin Emmi hat den Standort Kirchberg im Schweizer Kanton Bern im Jahr 1999 übernommen. Aktuell verarbeiten im Käsekompetenzzentrum Kirchberg rund 310 Mitarbeitende über 23 000 Tonnen Käse pro Jahr. Die Konfektionierung ist dabei auf Kunden- und Konsumentenwünschen im In- und im Ausland spezialisiert. Ein wichtiger Produktionsschritt ist die Käsereifung, welche in großen, genauestens klimatisierten Reifelagern stattfindet. Die Kühlkette spielt über die gesamte Produktionskette, angefangen von der Anlieferung über die Verarbeitung und Verpackung bis hin zur Auslieferung, eine sehr wichtige Rolle.
Teile seit über 45 Jahren in Betrieb
Eine zuverlässige und ausfallsichere Kälteversorgung ist ein unverzichtbarer Bestandteil für die Produktion. Das Alter der Kälteanlage in Kirchberg reicht bis zur Standorterrichtung zurück. Anlagenteile, zum Beispiel Verdichter, waren seit über 45 Jahren in Betrieb. Als natürliches Kältemittel war bereits Ammoniak im Einsatz, die Anlagenmenge umfasste rund 4800 Kilogramm. Das Kältemittel wurde mit einem Umpumpsystem über die gesamten Produktions- und Lagerräume verteilt. Aufgrund des Anlagenalters respektive -zustandes bestanden zu beachtende Ausfallrisiken. Aus diesem Grund hatte ein kompletter Ersatz der Kälteanlage hohe Priorität. Das neu zu planende Kältesystem musste den modernsten Aspekten der Anlagensicherheit bei der erneuten Verwendung von Ammoniak als Kältemittel entsprechen. Der Ersatz der Kälteanlage sollte parallel und unterbrechungsfrei bei laufendem Produktionsbetrieb durchgeführt werden – die Altanlage war bis zum Abschluss des Umbaus in Betrieb. Weitere Projektziele waren Energieeffizienz und eine signifikante Senkung des CO2 Ausstoßes.
Etappenweises Vorgehen
Die Planungsphase zum Ersatz der Kälteanlage startete 2016 mit einer Machbarkeitsstudie und anschließendem Vorprojekt. 2018 wurden die Planungsarbeiten nochmals intensiviert. Ein Jahr später starteten die Baumaßnahmen. Die SSP Kälteplaner AG aus Oensingen im Schweizer Kanton Solothurn war verantwortlich für die Gesamtprojektleitung und auch Fachspezialist für Ammoniakkältesysteme.
Um dem Anspruch einer unterbrechungsfreien Kälteversorgung gerecht zu werden, sah das Umbaukonzept vor, eine komplett neue Kältezentrale aufzubauen und anschließend etappenweise Zonen und Bereiche umzuhängen. Die Rückkühlung erwies sich hierbei als Nadelöhr. Diese konnte nicht parallel erstellt, sondern musste am gleichen Standort durch etappiertes Zurückbauen und anschließendem Teilneubau ersetzt werden. Dadurch hat sich für den Gesamtbau automatisch ein sehr enges Zeitfenster über die kühlen Wintermonate ergeben.
Dass der Umbau schlussendlich zu aller Zufriedenheit durchgeführt werden konnte, lag an teilweiser minutiöser Zeitplanung einzelner Umbauetappen und dem überdurchschnittlichen Engagement aller Beteiligten. Dank der sehr guten Zusammenarbeit im Planungsteam und der zuverlässigen Umsetzung durch die ausführenden Unternehmer konnte das Projekt innerhalb der geplanten Termine und Kosten realisiert werden.
Zwei verschiedene Temperaturniveaus für Kälteträgernetze
Die neue Kälteanlage umfasst insgesamt sieben Hubkolbenverdichter, dabei kommt ein Verdichter als Wärmepumpenaggregat zum Einsatz. Die eigentliche Kälteerzeugung mit 2,5 Megawatt Kälteleistung stellt zwei verschiedene Temperaturniveaus für Kälteträgernetze zur Verfügung. Die Kühlstellen umfassen insgesamt 46 Umluftkühlgeräte sowie 23 Lüftungsanlagen.
Das Kältemittel Ammoniak befindet sich nach den Umbaumaßnahmen ausschließlich in der Kältezentrale, die Kälteverteilung als auch die Rückkühlung sind indirekte Systeme mit Wärme-Kälteträgerkreisläufen.
Neben dem nach Stand der Technik allseits bekannten Maßnahmen wie Anwendung von drehzahlregulierten Verdichter- und Pumpenantrieben wurden speziell zwei Kälteträgernetze umgesetzt. Mit einer Vorlauftemperatur von 0 °C und 4 Kelvin Temperaturspreizung werden alle Lüftungsanlagen sowie auch einige Umluftkühler mit Kälte versorgt. Mehrere Kühlräume, aber auch die An- und Auslieferung werden ergänzend durch ein zweites Kälteträgernetz mit Temperaturniveau von -6 °C und 5 Kelvin Spreizung gekühlt. Durch diesen Mehraufwand an Installation konnte ein beachtlicher Beitrag zur Energieeffizienzsteigerung erzielt werden, betont SSP Kälteplaner.
Abwärmenutzung und Rückkühlung
Die bei der Kälteerzeugung anfallende Abwärme wird auf unterschiedliche Arten der Weiterverwendung zur Verfügung gestellt. Die Verdichter können zum einen auf einem Abwärmesystem arbeiten, welches einen Wärmeübertrager zur Enthitzung sowie nachgeschaltet einen weiteren Verdichter als Wärmepumpe umfasst.
Zum anderen können die Kälteverdichter auf ein Rückkühlsystem arbeiten, welches mit Hybridrückkühler ausgestattet ist. Aber auch in diesem System ist ein zusätzlicher Wärmeübertrager zur Enthitzung des Heißgases und damit eine Abwärmenutzung für das Niedertemperaturnetz der Heizung realisiert. Ergänzt wird dies durch einen weiteren Wärmeübertrager, mit dessen Hilfe Wärmeenergie für ein kälteinternes Abtausystem zur Verfügung gestellt wird. Durch die Aufteilung auf zwei Abwärmesysteme ergeben sich laut SSP Kälteplaner große energetische Vorteile.
Das Wärmepumpensystem beinhaltet insgesamt drei Wärmeübertrager, einen WP-Enthitzer, einen WP-Verflüssiger sowie einen WP-Unterkühler. Der WP-Enthitzer sowie der WP-Verflüssiger geben die Wärmenergie an das Hochtemperaturnetz 75 °C, der WP-Unterkühler gibt die Wärmeenergie an das Niedertemperaturnetz des Heizungssystems ab.
Die umgesetzten Maßnahmen zur Abwärmenutzung aus der Kälteerzeugung werden maßgeblich zur CO2-Reduktion beitragen, betonen die Schweizer Kälteexperten. Die restliche Abwärme, welche nicht genutzt werden kann, wird auf dem Dach mit drei hybriden Trockenrückkühlern an die Umwelt abgegeben. Unter Berücksichtigung eines vollen Rückkühlbedarfs kann diese Rückkühlerbauart bis 14 °C Außenlufttemperatur rein trocken die erforderliche Leistung erbringen. Dadurch ergibt sich eine große Wassereinsparung im Vergleich zu den ursprünglich installierten Evaporativverflüssigern. Zudem werden Dampfschwaden und Legionellenbildung vermieden, betont SSP Kälteplaner. Zur maximalen Energieeffizienzsteigerung des Gesamtsystems werden die drei Rückkühler im Teillastbetrieb auf minimale Austrittstemperatur geregelt. Bei der biologischen Wasserbehandlung wird auf den Zusatz von Chemikalien bewusst verzichtet, die Entkeimung erfolgt mittels UV-Lampen im Benetzungssystem.
Äußerst herausforderndes Projekt sehr erfolgreich durchgeführt
Mit dem Ersatz der Kälteanlage am Standort Kirchberg konnte sehr erfolgreich ein Projekt durchgeführt werden, welches so in vieler Hinsicht äußerst herausfordernd war. Während des kompletten Umbaus konnte zu 100 Prozent die Kälteversorgung und damit die Produktionssicherheit gewährleistet werden. Der Terminplan wurde eingehalten, dieser war aufgrund des Umbauzeitfensters während den kühleren Wintermonaten sehr knapp bemessen. Mit den realisierten Systemen zur Kälteerzeugung und -verteilung sowie der Abwärmenutzung wurde in beeindruckender Weise eine äußerst energieeffiziente Kälteanlage geschaffen. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Planern und Unternehmern konnte dieses Projekt auf hohem Qualitätsniveau und termingerecht fertiggestellt werden.◂