Tiefgekühlt, gekühlt und frisch – der Einsatz von Mehrkammersystemen zum Transport verderblicher Waren ermöglicht die flexible Verwendung der entsprechenden Kapazitäten und stellt hohe Anforderungen an die damit verbundene Planung. Damit die Lebensmittel möglichst schnell und effizient zu den Kunden gelangen, müssen die Kommissionierung im Lager und der Transport optimal aufeinander abgestimmt sein. Digitale Unterstützung bietet hier eine intelligente Software zur Tourenplanung.
Mit unterschiedlich geführten Temperaturen geht in der Frischelogistik eine hohe Komplexität einher, die nicht erst während des Transports, sondern schon beim Ordern der Waren beginnt. Heute bestellt – morgen geliefert: Das ist das branchenübliche Servicelevel der Lebensmittelgroßhändler. Hierfür ist eine kontinuierliche Kommissionierung im Lager notwendig. Unmittelbar nach der Bestellung gehen die Aufträge in einem fortlaufenden Prozess in das Lagerverwaltungssystem über und werden dort zur Kommissionierung freigegeben. Nun stellt ein
Lagermitarbeiter die bestellten Waren zusammen und bringt sie auf einem Rollwagen dorthin, wo der LKW sie lädt. Zumindest theoretisch, denn jeder Kunde ist in der Regel einer Tour und damit auch einem Tor zugeordnet. Doch diese Zuordnungen funktionieren in der Praxis häufig nicht – vor allem angesichts schwankender Bestellmengen und der komplexen Beladung von Mehrkammerfahrzeugen, in denen die Kapazitäten von Tiefkühl- (TK), gekühlter und frischer Ware optimal aufgeteilt sein müssen. Daher sehen sich die Verantwortlichen der Herausforderung gegenübergestellt, manuell umzuplanen. Um diesen Prozess zu vereinfachen, kommt die Tourenplanung ins Spiel.
Dynamische Anpassung an Auftragsvolumen
In welchem Temperaturbereich die einzelnen Kammern eines Mehrkammersystems für eine Tour verwendet werden, hängt vom Bestellverhalten der Kunden ab. Werden heute zum Beispiel zwölf Tiefkühl-Rollies und sechs Frischeelemente benötigt, kann es morgen genau umgedreht sein. Mit einem Mehrkammerfahrzeug sind variable Umschichtungen möglich. Dies muss bei der Tourenplanung täglich neu berechnet und angepasst werden. Eine herkömmliche Tourenplanungslösung kommt dabei an ihre Grenzen. Denn sie arbeitet ausschließlich mit statischen Fahrzeugkapazitäten wie »Stellplätze TK«, »Stellplätze Frisch« oder Gewichten. Eine intelligente Tourenplanungssoftware hingegen analysiert die Aufträge und macht sich bei der Optimierung der Touren zunutze, dass die einzelnen Kammern beliebig temperiert werden können. Im Vorfeld ist daher bereits klar, wie das Mehrkammerfahrzeug beladen werden muss. Für die Kunden bedeutet diese frühzeitige Planung, dass sie ihre Kommissionierprozesse entsprechend anpassen können und weniger manuelle Umplanung erforderlich wird.
Kapazitäten täglich flexibel managen
Mit diesen flexiblen Faktoren beim Transport von (tief-)gekühlter und frischer Ware steigt der Anspruch an eine entsprechende Tourenplanungssoftware. Eine professionelle Lösung sollte über Algorithmen verfügen, mit deren Hilfe die Beladung des Fahrzeugs jeden Tag bestmöglich und individuell konfiguriert werden kann. Die Basis für die Planung bilden immer die Kundenaufträge. Zudem identifiziert die Software die Anzahl der zu liefernden Rollies/Paletten und die Kapazität der variabel befüllbaren Kammern der LKW. Die Liefermengen in den verschiedenen Temperaturbereichen ändern sich dynamisch: An einem Tag kann das Verhältnis von TK und Frische 50:50, an einem anderen aber auch 70:30 betragen. Sogar während des Tages können sich die Kapazitäten ändern, zum Beispiel wenn ein Fahrer die erste Tour beendet hat und im Lager nachlädt. Die Tourenplanungssoftware muss dann entscheiden, wie die Kammern im Fahrzeug am besten neu eingeteilt werden und welche Ware an welchem Ort verstaut wird.
Immens wichtig ist deshalb auch die sogenannte Rahmentourenplanung, das heißt die Zuordnung von Kunden zu Touren beziehungsweise Fahrzeugen und die Zuordnung dieser Touren zu Toren/Rampen des Lagers. Werden die Kunden A, B und C beispielsweise stets mit Tour 7 beliefert, die jeden Tag von Tor 5 aus startet, kennt der Kommissionierer das richtige Tor für deren Bestellungen und die Software kann sämtliche Waren bereits am Vorabend adäquat einplanen. Damit einer Tour nicht zu viele Kunden zugeordnet werden und der Fahrer alle Waren unterbringen kann, basiert die Planung der Rahmentour auf durchschnittlichen Bestellmengen, damit der Fahrer in der Regel alle ihm bereitgestellten Waren im Fahrzeug verstauen und ausliefern kann. Gut geplante Rahmentouren erzielen jeden Tag eine Auslastung von 80 bis 90 oder mehr Prozent; selten bis nie kommt es zu einer Überlastung und damit zu manuellen Eingriffen. Schlecht geplante Rahmentouren sind dagegen häufig überlastet und erfordern eine manuelle Umplanung, was zu hohem Stress und Fehlern im Lager führt, da die kommissionierte Ware an den Toren entsprechend verschoben werden muss. Von ineffizienten Touren aufgrund vieler Umwege ganz zu schweigen.
Planung ist das halbe Leben – die andere Hälfte ist flexibles Umplanen
Grundsätzlich gilt: Je besser die Tourenplanung ist, desto niedriger sind die Transportkosten und desto weniger manuelle Korrekturen der Touren sind im operativen Tagesgeschäft erforderlich. Professionelle Tourenplanungssysteme unterstützen dies auf zwei Arten. An erster Stelle steht die Qualität der Rahmentourenplanung, welche die Grundlage für die operative Tourenplanung darstellt: Die Software plant hier auf Basis historischer Auftragsdaten. Ein Qualitätsmerkmal der Planung ist dabei eine gleichmäßig hohe Aus-, aber nicht Überlastung. Zeitlich sollten alle Touren möglichst gleichmäßig ausgelastet sein, da dies weitere Vorteile im Tagesgeschäft mit sich bringt. Die optimale geografische Einteilung der Rahmentouren minimiert Fahrstrecken und Lenkzeiten, was zu weiteren Einsparungen führt.
Aber selbst mit der besten Rahmentourenplanung kann eine Umplanung im operativen Tagesgeschäft nicht immer vermieden werden. Deshalb steht an zweiter Stelle die Umplanung, sprich die Verteilung der überschüssigen Ware auf andere Fahrzeuge – immer dann, wenn trotz optimierter Rahmentouren eine Über- oder Unterlastung eines Fahrzeugs vorliegt. Ein professionelles Tourenplanungssystem sollte dies durch geeignete Algorithmen automatisch durchführen, sodass selbst in solchen Fällen kein manueller Planungseingriff erforderlich wird, die Touren aber trotzdem effizient bleiben. Grundlage für die automatisierte operative Umplanung ist, dass die Software je Tour entscheidet, welche Aufträge auf andere Touren verschoben werden sollten. Die Anzahl der umgeplanten Aufträge wird durch geschickte Algorithmen der Software minimal gehalten. Das beim Umpacken der Bestellungen zwischen den Touren häufig entstehende Chaos wird dank vom System erzeugter Umpacklisten signifikant verringert.
Ist der Tourenplanungsprozess mittels Software automatisiert, können Lebensmittelhändler somit langfristig sicherstellen, dass Mehrkammerfahrzeuge stets optimal ausgelastet sind und die Waren auf effizientestem Wege zum Kunden gelangen.◂
Thomas Kriese
Unser Autor
Thomas Kriese ist Leiter Vertrieb bei gts Systems and Consulting, Aachen.