Auf der Branchenleitmesse des Fruchthandels, der Fruit Logistica in Berlin, präsentierte das Perishable Center Frankfurt (PCF) seine Services. In den kommenden Jahren soll dort der Importprozess vollständig digitalisiert werden.
Flugmangos aus Indien, Kobe-Rind aus Japan oder Rosen aus Südafrika: Denkt man an diese Produkte, fühlt man sich sofort in eine Markthalle versetzt. Zwischen Ständen umherschweifen, hier und da mal kosten oder an exotischen Gewürzen riechen. Etwas wofür Rainer Wittenfeld, Geschäftsführer des Perishable Centers Frankfurt (PCF), und sein Team auf der Fruit Logistica in Berlin nur am Rande Muße haben. Und das, obwohl die riesigen Auslagen in den Messehallen geradezu zum Zugreifen einladen. Er ist auf dem Weg zu einer Präsentation, die er gemeinsam mit Joachim von Winning, dem Geschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt (ACCF) und Lucas Kuehner, Global Head of Air Freight bei Panalpina, halten wird. Panalpina und das PCF sind Mitglieder in der ACCF, ebenso wie rund 50 weitere Speditionen, Frachtabfertiger und Airlines am Frankfurter Flughafen. Gemeinsam entwickeln sie in Kompetenz-Teams den Cargo-Standort Frankfurt weiter. So stehen unter anderem die Bekämpfung des Fachkräftemangels, die Etablierung eines einheitlichen Export-Standards in der Cargo City Süd (CCS), dem Cargo-Centrum im Südteil des Flughafens und die Digitalisierung der Importprozesse auf der Agenda des PCF. „Wegen Letzterem treffen wir uns hier“, erzählt von Winning. Der Impuls zur Optimierung kam aus dem Kompetenz-Team Perishables der ACCF. Nun präsentieren die Experten ihre Fortschritte auf dem Branchentreffen in Berlin.
„Wir vernichten keine Haltbarkeiten“
Perishables sind Güter wie Obst und Gemüse, aber auch Pharmaka, die temperaturgeführt, somit meistens schnell und deshalb per Luftfracht transportiert werden müssen. Mit 9000 Quadratmetern Lagerfläche in 20 Temperaturzonen ist das PCF als größtes Luftfrachtumschlagzentrum seiner Art in Europa hierfür spezialisiert. „Wir treffen uns mit den Produzenten vor Ort, um unsere Dienstleistungen vorzustellen“, erklärt Wittenfeld. Dazu gehören auch neue Services, wie Temperaturkorrektur oder Umverpackungs-Techniken. Rosen zum Beispiel werden im PCF in einem Vakuumkühler auf zwei bis drei Grad runtergekühlt, um sie länger haltbar zu machen. „Die zeitliche Optimierung der Abfertigung für Perishables im Import ist unser Fokusthema in diesem Jahr“, erklärt von Winning. „Wir wollen die Prozesse beschleunigen. Daher ist es uns wichtig, die Prozessbeteiligten und die Behörden nicht von dem Tisch aufstehen zu lassen, an dem sie schon so detailliert diskutiert haben“, so der Frankfurter Luftfrachtexperte schmunzelnd.
„Wir haben einen Vorteil im Verhältnis zu anderen Flughäfen“, ergänzt Wittenfeld. „Denn wir haben die entscheidenden Behörden mit eigenen Büros im PCF unter unserem Dach.“ Mit diesen hat die Community ein erstes Grobkonzept abgeschlossen. Vier Behörden sind am Import-Prozess beteiligt: Das Regierungspräsidium Gießen mit dem hessischen Landeslabor und dem Pflanzenschutzdienst, das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und der Zoll. „Nehmen sie zum Beispiel Blaubeeren aus Lateinamerika“, erzählt von Winning. „Die werden vom Pflanzenschutz auf Schädlinge untersucht, das BLE prüft die Importquote und letztlich muss der Zoll die für ihn maßgeblichen Dokumente abzeichnen.“ Manchmal geschieht das in Stichproben, mal mit einer hundertprozentigen Kontrollquote. Ein Prozess, der im Schnitt bis zu vier Stunden dauert. Die Frankfurter Frachtexperten sind sich sicher: Durch die angestoßenen Prozessoptimierungen im Dokumentenfluss kann bis zu eine Stunde Zeit gespart werden. „Wir vernichten keine Haltbarkeiten“, betont PCF-Geschäftsführer Wittenfeld. „Jedes Grad Abweichung von der Soll-Differenz heißt einen Tag Haltbarkeits-Reduzierung“, ergänzt der Perishables-Fachmann. Umso wichtiger ist es, in den Abläufen eine elektronische Kommunikation einzuführen. Im Idealfall kann dem Fahrer einer Spedition dann passgenau mitgeteilt werden, wann er die Waren abholen kann.
Neue Prozesse mit mehr Transparenz
Zudem erhöht die digitale Nachverfolgung die Transparenz. Zum Beispiel für die Importeure, die leichter den Überblick behalten, ob sie ihre Waren noch auf den geplanten Linien-LKW zum Großmarkt bekommen. Bei einer LKW-Tour, die vom Flughafen bis nach London führt, ist der zeitliche Faktor entscheidend. Das PCF steht mit seiner Lage im Herzen Europas für die schnelle Anbindung an die Verteilernetze zu den wichtigsten Märkten des Kontinents. Auch der Schweizer Logistiker Panalpina hat diesen Stellenwert für sein Perishables-Geschäft erkannt und ist neu in den Markt in Frankfurt eingestiegen. Hierzu haben die Schweizer Teile der Cool Chain Group gekauft. „Deutschland ist der Hauptverbrauchermarkt für Perishables, die über Frankfurt eingeflogen werden“, erklärt Lucas Kuehner. Frankfurt hat sich zu einem der wichtigsten Standorte im Luftfrachtgeschäft der Schweizer entwickelt. Panalpina hat in den eigenen Standort in der CCS investiert. Rund 150 zusätzliche Mitarbeiter kümmern sich dort um den Umschlag von Im- und Exporten. „Wir können in Frankfurt Fracht nach freien Kapazitäten über Linienmaschinen der Airlines versenden“, so Kuehner weiter. Panalpina nutzt zudem das eigene Gateway-Konzept zwischen den Flughäfen Frankfurt und Luxemburg, um die Fracht den eigenen Kapazitäten anzupassen.
Blick in die Zukunft
Im nächsten Schritt geht es den ACCF-Verantwortlichen darum, die übergeordneten Landes- und Bundesbehörden von der Beteiligung an den Schnittstellen zu überzeugen. „Wir wollen den Informationsfluss zwischen den Wirtschaftsbeteiligten, den es heute schon gibt, optimieren“, erklärt Wittenfeld. „Dazu gehört, insbesondere auch die Kommunikation mit und zwischen den Behörden in den Prozess einzubinden.“ ACCF- Geschäftsführer von Winning hofft, dass das Projekt in zwei Jahren abgeschlossen werden kann. Jetzt geht es in erster Linie um die Erstellung des Feinkonzepts. Zudem müssten die Community-Mitglieder definieren, welchen Invest sie in die Entwicklung tätigen wollen.