Das niederländische Unternehmen Onethird will Lebensmittelverschwendung in der Lieferkette mit einer neuen KI-gestützten Scanner-Technologie zur Vorhersage der Haltbarkeit bekämpfen. Auf der Fruit Logistica war die Lösung in Aktion zu sehen.
Der Name ist mal wirklich Programm: Onethird heißt ein Food-Tech-Unternehmen, das mit seinen Produkten den jährlichen Verlust von einem Drittel aller produzierten Lebensmittel bekämpfen will. Es hat jetzt seine neueste Technologie auf der Fruit Logistica 2023 in Berlin vorgestellt. Durchaus mit Erfolg, der kleine Stand in Halle 3.1 war gut besucht.
Onethird setzt auf Scanner-Technologie, um Vorhersagen zur Haltbarkeitsdauer von Obst und Gemüse zu treffen. So sollen Erzeuger, Großhändlern, Supermärkte oder Endverbrauchern intelligentere Entscheidungen über die Verwendung von Produkten treffen und letztlich die Lebensmittelverschwendung minimieren. Derzeit bietet Onethird seine Technologie für Avocados, Erdbeeren, Heidelbeeren und Tomaten an, man werde das Einsatzgebiet bis Ende 2023 auf insgesamt zehn Obst- und Gemüsesorten ausweiten, hieß es auf der Messe, darunter Trauben, Bananen, Mangos und Himbeeren..
25 Prozent weniger Abfall möglich
Laut Vereinten Nationen ist Lebensmittelverschwendung eine der größten Herausforderungen für Nachhaltigkeit. Bis zu einem Drittel der jährlich auf den Markt gebrachten Lebensmittel wird weggeworfen – und 40 Prozent davon sind Obst und Gemüse. Diese Verschwendung verursacht Kosten in Höhe von unglaublichen einer Billion Dollar. Obwohl Obst und Gemüse innerhalb weniger Tage verderben können, werden sie oft über große Entfernungen transportiert, bevor sie ihren Bestimmungsort erreichen. Onethird hat errechnet, dass seine Technologie es den Stakeholdern entlang der Lieferkette ermöglicht, durchschnittlich 25 Prozent des Abfalls zu vermeiden – und damit 2,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen einsparen könnte.
Die genaue Haltbarkeit von Lebensmitteln ist in der Regel erst bekannt, wenn es zu spät ist. Denn es gibt nur sehr wenige effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Lieferkette. Die derzeit auf dem Markt erhältlichen Messgeräte für Obst und Gemüse liefern meist lediglich laborbasierte Einzelparameter wie Zucker-, Säure- und Wassergehalt. Onethirds Technologie kombiniert künstliche Intelligenz (KI) in Form von proprietären Algorithmen mit einem Nahinfrarot-Scanner, der schnell die Haltbarkeit von Obst und Gemüse ermittelt, ohne dies zu beschädigen. Die Verwendung von LEDs mit hoher Lichtintensität, die Anordnung der Lichtquellen und das Vermeiden von Reflektionen ermöglichen dabei ein tiefes Eindringen des zur Analyse genutzten Lichts in die Frucht. Die KI, die die Spektraldaten auswertet, wird an vielen Sorten einer Fruchtart trainiert. Befindet sich eine bestimmte Sorte noch nicht in der Datenbank, realisiert Onethird ein Update.
Einsatz an allen Stationen entlang der Lieferkette
Die Videos am Messestand zeigten denkbare Einsatzszenarien der Technologie in der gesamten Lieferkette für Agrarerzeugnisse: Landwirte könnten Echtzeit-Daten zu den Anbaubedingungen erhalten und wären in der Lage, dem Einzelhandel objektive Qualitätsgarantien zu geben. Großhändler erhalten Daten, anhand derer sie bestimmen können, ob sie Obst und Gemüse besser an Supermärkte oder Verarbeitungsbetriebe schicken sollen. Lebensmittelhändler könnten dank der Scanner über Echtzeit-Informationen zur Haltbarkeit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die Preise für ihre Produkte dynamisch anzupassen und sie nur bei Bedarf aus den Regalen zu nehmen. Und Verbraucher bekommen schließlich nur die frischesten Produkte angeboten und wissen, wie lange sie noch gelagert werden können – ganz einfach mit einem Supermarkt-Scanner und ohne an den empfindlichen Früchten herumzudrücken. Im Januar hat Onethird zu diesem Zweck auch eine von Kunden bedienbare Version seines Scanners auf den Markt gebracht.
Zu den Entscheidungen, die mit seiner Technologie möglich werden, zählt Onethird beispielsweise dynamisches Routing, also das Routing von Produkten basierend auf Haltbarkeit und Kundenanforderungen. Es sei auch möglich, richtige Empfänger zu bestimmen, also das Weiterleiten an Tafeln oder verarbeitende Betriebe (Soßen, Gefriertrocknung), anstatt dass Produkte von Kunden aufgrund kurzer Haltbarkeit zurückgewiesen werden. Mindesthaltbarkeitsdaten könnten basierend auf tatsächlicher Haltbarkeit anstelle konservativer Standardwerte festgelegt werden.
»Die astronomische Menge an Lebensmitteln, die jedes Jahr weggeworfen wird, ist erschütternd. Besonders in den wohlhabenden Ländern wird viel verschwendet. Wir haben eine Technologie entwickelt, die dazu beiträgt, diese globale Herausforderung zu bewältigen und sich so direkt auf die Nahrungsmittelknappheit auswirkt«, so Marco Snikkers, CEO und Gründer von OneThird. »Smarte Entscheidungen entlang der Lieferkette spielen eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Verschwendung von Obst und Gemüse. Wir sind stolz darauf, die erste Technologie entwickelt zu haben, die die Haltbarkeit genau und objektiv vorhersagt und die Logistik von Obst und Gemüse intelligenter macht.«
Onethird wurde 2019 in einem digitalen Inkubator für das FTSE 100-Unternehmen Halma plc gegründet und hat seinen Sitz in Enschede. Das Unternehmen befindet sich in Privatbesitz und wird von den Impact-Investoren Shift Invest und Oost NL unterstützt.
Nach Worten von René Clerc arbeitet Onethird auch an einer Lösung, mit der aus einer gewissen Entfernung mehrere Früchte gleichzeitig gescannt und analysiert werden können. »Es sieht vielversprechend aus«, so der Senior Customer Success Manager . Und man sei in »fortgeschrittenen Gesprächen« mit deutschen Einzelhandelsunternehmen. (ms)◂