Trockeneis & E-Food, diese Kombination sieht Air Liquide als eine zukunftsweisende Lösung für die Transportkühlung in einem Wachstumsmarkt. Unser Autor Stefan Dohrmann erläutert warum.
Ob Super- oder Wochenmarkt: Der Einkauf und die Verarbeitung frischer Lebensmittel verkörpern für viele Menschen ein wichtiges Stück Lebensqualität. Bedingt durch ihren hektischen Alltag suchen jedoch immer mehr Konsumenten nach zeitsparenden Lösungen und bestellen Lebensmittel bequem von zu Hause aus über das Internet. Der Begriff E-Food steht dabei für einen vielversprechenden Wachstumsmarkt, der konservativ auf 100 Millionen Euro pro Jahr in Europa geschätzt werden kann. Dieser wird mitnichten ausschließlich durch Berufstätige geprägt. Auch die älter werdende Bevölkerung möchte autonom bleiben und daheim mit gekühlten, frischen Lebensmitteln versorgt werden. Online-Shopping mit virtuellen »Einkaufskörben« hat sich längst etabliert.
In den Versand-Centren, den sogenannten Fulfillment-Centern, werden dann aus den imaginären >Einkaufskörben< echte Transportboxen – mit Butter, Joghurt, Fleisch und Tiefkühl-Pizzen. Damit die Lebensmittel zu Hause genauso frisch wie gewohnt ankommen, sind die Transportboxen isoliert. Je nach Entfernung ist hierbei eine Kühlzeit von sechs bis acht Stunden üblich. Aber auch zwölf Stunden sind keine Seltenheit. Da eine Isolierung allein nicht ausreicht, benötigen die im Fulfillment-Center auf +5 °C beziehungsweise -20 °C vorgekühlten Frische- und Tiefkühlprodukte eine Kühlung auf dem Transportweg zum Kunden. Liefervorteile durch individuelle Boxenkühlung Bei einer Box, die über ein eigenes Kühlsystem verfügt, kann die Temperatur individuell auf den Bedarf des darin befindlichen Produkts angepasst werden. Mehrere Temperaturzonen können dann in einem Fahrzeug transportiert werden. Dies ist ein bedeutender Vorteil – besonders bei kleineren Fahrzeugen, wie sie für eine schnelle und flexible Auslieferung im innerstädtischen Bereich zum Einsatz kommen. Darüber hinaus besteht mit einer autonom kühlenden Box die Möglichkeit, diese beim Kunden zu hinterlegen. So auch wenn dieser nicht zu Hause ist und niemand anderes die Ware annehmen kann. Ein unschlagbarer E-Food-Vorteil, der bei einer ausschließlichen Kühlung über das Fahrzeug so nicht erzielt werden kann. Schnelligkeit und Flexibilität sind das A und O in dem Geschäft: Air Liquide bietet daher passende E-Food-Lösungen für die Kühlung der Transportboxen mit Trockeneis-Packungen an. Trockeneis besteht aus Kohlendioxid (CO2), das meist in großen Industriebetrieben als >Nebenprodukt< anfällt, aufbereitet und so einer nachhaltigen Nutzung zugeführt wird. Durch die Sublimation von festem -78 °C kalten Trockeneis in gasförmiges CO2 entsteht Kälte, welche die in die Box eindringende Umgebungswärme ausgleicht.
Das Trockeneis kann sowohl über Produktionsstandorte der Air Liquide bezogen, aber auch über On-site-Anlagen der Air Liquide bei den Kunden selbst erzeugt und mit einer automatischen Verpackungsmaschine konfektioniert werden. Das On-site-Konzept bietet den Vorteil, dass immer nur die tatsächlich benötigte Menge an Trockeneis auf Knopfdruck produziert wird. Darüber hinaus werden mit der Vor-Ort-Produktion die ansonsten auftretenden relevanten Sublimationsverluste vermieden, die bei einer Belieferung während des Transports und bei der Lagerung zwangsweise anfallen.
Flexible Lösungen für jedes Lieferkonzept
Die erforderlichen Mengen für eine Box werden über thermodynamische Berechnungen und Versuche in der Praxis ermittelt und optimiert. Aus der zu erwartenden Umgebungstemperatur (auch Wetterbericht genannt), der vorgesehenen Fahr- beziehungsweise Kühlzeit sowie weiteren Parametern kann für jede Lieferung die erforderliche Menge effizient ermittelt werden. Üblicherweise werden Mengen von 500 Gramm bis 4500 Gramm beispielsweise in den Deckel einer Transportbox eingelegt. Frische und TK-Produkte werden in separaten Boxen transportiert.
Trockeneis gibt es in verschiedenen Formen als losen Schnee, als Scheiben oder auch als Pellets (3 mm, 16 mm). Jede Form hat ihre eigenen Vor- und Nachteile bei der Herstellung und beim Einsatz in der Box.
Loser Schnee wird in Schneerohren hergestellt, die von Air Liquide speziell für den automatisierten Einsatz entwickelt und patentiert wurden. Das prozesstechnisch durchdachte System ist vom Design bewusst einfach gestaltet, um eine kostengünstige und besonders zuverlässige Lösung zu bieten. Durch die vergleichsweise große Oberfläche des Schnees wird eine besonders hohe Kälteleistung erreicht, die bei hohen Umgebungstemperaturen im Sommer von +45 °C bis zu +60 °C im Transporter wichtig ist. Ein bestechender Vorteil ist die grammgenaue Dosierung der erforderlichen Trockeneismenge, wodurch Verluste durch Überdosierung vermieden werden, und die Möglichkeit einer Automatisierung. Bedingt durch die vergleichsweise geringe Dichte ist ein ausreichend großes Fach im Boxendeckel erforderlich.
Trockeneis-Scheiben haben den Vorteil, dass sie manuell schnell und einfach in einen Deckel eingelegt werden können. Durch die vergleichsweise kleine Oberfläche ist die Sublimationsleistung geringer, das heißt sie eignen sich gut für lange Transportzeiten bei mittleren Umgebungstemperaturen. Eine Dosierung des Kühlmediums ist nur über die Anzahl der Scheiben möglich, was häufig zu hohen Verlusten durch Überdosierung an Trockeneis führt. Die Herstellung ist durch die notwendige Verpressung etwas aufwendiger.
Pellets bieten den Vorteil, dass sie thermodynamisch bei ihrer Kühlleistung und bei der Dosierbarkeit ein idealer Kompromiss aus Schnee und Scheiben sind. 3 mm-Pellets haben eine höhere Dichte, das heißt sie sind gut für kleinere Boxendeckel geeignet; 16 mm-Pellets schneiden im Energieverbrauch bei der Herstellung leicht besser ab.
Vorteil bei Kombination mit Elektrofahrzeug
Nicht zuletzt seien drei besonders wichtige Vorteile der Trockeneis-Kühlung erwähnt:
Bei der Sublimation steht eine spezifische Energie von 571 kJ/kg als Kälte zur Verfügung. Damit ist Trockeneis eine leichte Alternative zu Gel-Packs oder Eutektik und sublimiert obendrein vollständig, sodass vom Kühlmedium kein Abfall zurückbleibt, der entsorgt werden muss. Anders als bei klassischen Kühlsystemen mit Kältemaschinen ist diese Kühlung obendrein absolut geräuschlos. Das bedeutet konkret: keine Lärmbelästigung bei der Anlieferung im Wohnviertel am Feierabend – idealerweise in Kombination mit Transportern mit geräuscharmen Elektroantrieb. Das noch größere Plus für Elektrofahrzeuge ist der Vorteil, dass mit der Trockeneis-Kühlung unterwegs kein elektrischer Strom benötigt wird, welcher die ohnehin vergleichsweise kleinen Reichweiten weiter reduzieren würde.
Praxiserprobt und nachhaltig erfolgreich
Air Liquide hat gemeinsam mit ihren Kunden, darunter führenden E-Food-Anbieter in Österreich und der Schweiz, umfangreiche Tests mit verschiedenen Trockeneis-Formen und Kühlzeiten durchgeführt. Mittels Messungen der Innentemperatur der jeweiligen Lebensmittel, Simulation unterschiedlicher Außentemperaturen, verschiedener Füllhöhen und mehreren Öffnungen der Boxen während der Tests wurden realistische Szenarien simuliert und anschließend das optimale Kühlkonzept für die Kunden erarbeitet, das bei optimiertem Trockeneisverbrauch entscheidende Potenziale für eine sichere und effiziente Kühlkette im E-Food Segment hebt.◂
Stefan Dohrmann
Unser Autor
…Stefan Dohrmann ist tätig im Bereich Industrial Cryogenics & N2-/CO2-Applications der Air Liquide Deutschland GmbH.