Kompromisslose Termintreue und eine durchgängig geschlossene Kühlkette auf allen Förder- und Transportstrecken sind entscheidende Kriterien für Erfolg in der Tiefkühllogistik. Dabei wächst der Anteil (teil-)automatisierter Intralogistiklösungen stetig. Das veranschaulicht auch das Beispiel der Hochreiter Fleischwaren GmbH, die im österreichischen Bad Reichenthal seit 2015 ein automatisches Tiefkühl-Hochregallager betreibt. Dabei setzt das Unternehmen auf energieeffiziente Kompaktlagerung und die Regalbediengeräte SSI Exyz von SSI Schäfer, die mit Lastaufnahmemitteln vom Typ SSI Orbiter LHD ausgestattet sind.
Speziell bei Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten ist die temperaturgeführte Logistik ein hart umkämpfter Markt, der seit Jahren starke Zuwachsraten verzeichnet. Während sich das weltweite Kühltransportaufkommen laut einer Erhebung von Brandessence Market Research 2018 noch auf 14,25 Milliarden US-Dollar belief, könnte bei einem angenommenen jährlichen Wachstum von 5,01 Prozent in 2025 die Marke von 20,07 Milliarden US-Dollar geknackt werden.
Zahlreiche Vorgaben und Reglements sind zu erfüllen …
Doch die vermeintliche Goldgrube ist auch eine gewaltige Herausforderung. Betreiber von Frische- und Tiefkühlzentren müssen ihre Lagerkapazitäten und die zu erbringende Durchsatzleistung an die wachsende Produktnachfrage anpassen. Gleichzeitig sind Strategien zu implementieren, um die getriebenen immer kürzeren Auftragsdurchlaufzeiten realisieren zu können. Striktere Vorgaben an die Rückverfolgbarkeit und die Arbeitssicherheit sowie Personalmangel fordern Planer, Investoren und Betreiber zusätzlich heraus. Weiterhin stehen Kosten- und Energieeinsparungen auf der Agenda. Denn der für die (Tief-)Kühlung benötige Strom in einem äußerst energieintensiven Umfeld wirkt sich maßgeblich auf die Betriebskostenrechnung aus.
… und auch die Kosten müssen stimmen
Moderne Kühlsysteme bieten bereits eine hohe Energieeffizienz. Nachhaltigkeit im Lager lässt sich parallel durch den Einsatz modernster Intralogistiktechnologien erreichen, über die auf geringstmöglicher zu kühlender Fläche eine maximale Lagerkapazität generiert wird. Statt Flächen im Rahmen von Neuprojektierungen in der Breite zu versiegeln, empfiehlt es sich daher, in die Höhe zu bauen und die Lagerdichte zu steigern. Mithilfe von Automatisierung ist es möglich, Waren dank mehrfachtiefer Lagerung derart kompakt zu bevorraten, dass sich im Vergleich zu konventionell manuellen Lösungen bis zu 60 Prozent an Platz einsparen lässt. Auch die dabei zum Einsatz kommende Software ist elementar, um Energiekosten zu senken. Denn sie steuert die Bewegungen der installierten Geräte analog zur aktuellen Auftragslast, sodass Strom nur dann verbraucht wird, wenn er tatsächlich benötigt wird. Auch ist mithilfe intelligenter Softwareunterstützung eine lückenlose Nach- und Rückverfolgung, im Lebensmittelbereich in der Regel nach NVE (Nummer der Versandeinheit), gewährleistet.
Die Grenzen konventioneller Lösungen in der Tiefkühl-Logistik
Wenngleich Betreiber manueller Tiefkühlzentren häufig argumentieren, flexibler auf Veränderungen reagieren zu können, hat dieses Modell auch Nachteile – insbesondere bei verderblichen Waren. Wenn Personen oder Stapler das Lager passieren, kann Kondensation entstehen, die zu Vereisungen an Böden oder Toren führen und somit Probleme entstehen können. Die Folge sind eine erhöhte Unfallgefahr sowie mitunter Produktschäden. Letztere entstehen auch dann, wenn Palettenwaren zwischen verschiedenen Temperaturzonen bewegt werden und das für Lebensmittel mit Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bestimmende First-In-First-Out-Prinzip nicht konsequent eingehalten wird. Einen weiteren wesentlichen Faktor stellen darüber hinaus hohe Personalkosten dar. Zudem sind Arbeitskräfte rar, weil unter frostigen Umgebungen zu verrichtende Jobs nicht sehr attraktiv sind.
Sukzessive automatisieren und Step by Step profitabler werden
Eine mögliche Alternative ist Teilautomatisierung auf Basis platzsparender Verschieberegalanlagen und Kanallagersysteme mit Paletten-Shuttles, welche zum Einsatz kommen, um Personal zu entlasten und Arbeitskosten zu senken. Gleichzeitig ist bei Bedarf ein konstanter 24/7-Materialfluss realisierbar. Diese Leistungsmodule lassen sich in bestehenden Lagern nachrüsten und schaffen die Voraussetzung, in einem nächsten Schritt einen vereinfachten Umstieg auf eine durchgängige Automatisierung der Prozesse zu vollziehen.
Für Unternehmen, die ihre Strategieplanung langfristig auslegen und erforderliche Investitionen direkt aufbringen können, macht eine vollautomatische Lösung oftmals Sinn, denn
• der Flächenbedarf ist bei hochverdichteter Raumnutzung geringer,
• die Lagerkapazität wird erhöht,
• Energiekosten lassen sich dauerhaft senken,
• es ist weniger Personaleinsatz erforderlich,
• die Arbeits- und Lebensmittelsicherheit steigt und
• eine softwareunterstützte Sequenzierung optimiert die Bereitstellung zum Transport.
Hofreiter – Automatisierung statt Schmalgangstaplerbetrieb
Ein beispielhaftes, von SSI Schäfer im Bereich der Tiefkühllogistik umgesetztes Automatisierungsprojekt ist das Hochregallager der Hochreiter Fleischwaren GmbH aus dem oberösterreichischen Bad Leonfelden. Der Name Hofreiter steht seit mehr als 60 Jahren für hochwertige Fleischprodukte, höchste Hygienestandards und eine konsequente Kundenorientierung. Dem Anspruch nach Rückverfolgbarkeit wird das Unternehmen mit einer europaweit durchgängig gesicherten Kühlkette gerecht.
Das anhaltende Wachstum, gestützt auch durch den Tochterbetrieb Condeli mit Sitz im nahegelegenen Bad Reichenthal, führte die Lagerkapazitäten an ihre Grenzen. Als Reaktion auf die damit verbundenen Limitierungen wurde zunächst in den Bau einer etwa 7500 Quadratmeter großen Lagerhalle investiert. »Die Entscheidung, ob das neue Tiefkühllager automatisiert oder per Schmalgangstapler geführt werden sollte, war im Prinzip der erste Arbeitsschritt, den wir zusammen mit Hofreiter gegangen sind«, so Thomas Kemmer, Project Manager von SSI Schäfer. Die Gründe, die letztlich der Automatisierung den Vorzug gaben, waren die hohe zu erzielende
Umschlagleistung sowie die Perspektive, ein maximales Volumen auf engstem Raum energieeffizient lagern zu können.
Flexible und skalierbare Lösungskomponenten
Das neue, mit automatisierter Lagertechnik von SSI Schäfer ausgestattete Hochregallager für tiefgekühlte Zwischen- und Fertigprodukte verfügt über eine Direktanbindung an die Produktion in Reichenthal. Die Steuerung übernimmt die Logistiksoftware Wamas und optimiert dabei stetig die bereichsübergreifenden Warenflüsse. Die Gesamtanlage bietet eine Lagerkapazität von 4743 Europaletten auf neun Ebenen. Über das zweigassige Kanallager lassen sich stündlich bis zu 60 Ein- und Auslagerungen gleichzeitig vornehmen. Das System umfasst die Regalkonstruktion, zwei bereits auf hohe Energieeffizienz ausgelegte Regalbediengeräte des Typs SSI Exyz mit dem Lastaufnahmemittel SSI Orbiter LHD und die verbindendende Palettenfördertechnik. Hinzu kommen eine auf 20 Meter Höhe in das Hochregal integrierte Bühne für Tiefkühlverdampfer sowie Schnelllauftore an den Übergängen zur Produktion, der Vorzone und dem Warenein- und -ausgang.
Klar strukturierte Prozesse bei maximaler Lagerdichte
Zugeführte Paletten werden im Wareneingang in Wamas erfasst und durchlaufen vor Weiterführung einen Konturencheck inklusive Gewichtsprüfung. Auf Grundlage dieser Ergebnisse weist das Warehouse Control System (WCS) der Palette zeitgleich den optimalen Lagerplatz zu. Am Einlagerstich übernimmt der SSI Orbiter LHD den Ladungsträger. Vom Regalbediengerät wird sie an den zugewiesenen Lagerkanal befördert. Anschließend fährt der Orbiter mit den bis zu 1200 kg schweren Paletten über Schienen zum Lagerplatz und setzt sie dort ab. Die Auslagerung erfolgt analog. Dabei werden die Paletten per Fördertechnik auf eine Pufferbahn übergeben und zur Abholung via Stapler bereitgestellt. Die mehrfachtiefe Lagerung durch das Orbiter-Kanalfahrzeug ermöglicht eine besonders hohe Lagerdichte. Das System ist kabellos ausgeführt, beansprucht äußerst wenig Energie und verfügt über umfangreiche integrierte Sicherheitsstandards. Ein weiterer Vorteil für die Tiefkühllogistik sind die Power Caps an der Docking-Station auf dem Regalbediengerät, denn sie sind in Sekundenschnelle neu aufgeladen.
Redundantes System ohne Anbruchkanäle
Über das von SSI Schäfer umgesetzte Anlagen- beziehungsweise Automatisierungskonzept wurde eine maximale Lagerdichte bei parallel hoher Redundanz erzielt. Es war sicherzustellen, dass keine Vermischung von unterschiedlichen Artikeln in den Kanälen stattfindet. Daher wird die Anzahl der Paletten im Kanal mit der jeweiligen Auftragsstruktur abgeglichen. Vorteil ist, dass Anbruchkanäle vermieden werden. Damit fällt der Lagerfüllstand höher aus. Außerdem werden die Waren durch Wamas gleichmäßig auf beide Lagergassen verteilt. Da die Paletten an beiden Lagerenden eingelagert werden können, ist so im Störfall die gleiche Range in der jeweils anderen Gasse verfügbar. »Das Tiefkühllager fügt sich mit seiner Automatik optimal in unseren Betrieb ein und hat dazu beigetragen, wichtige Prozesse effektiver und wirtschaftlicher zu gestaltet«, resümiert Geschäftsführer Wolfgang Hochreiter und ergänzt: »Die Realisierung des Projekts inklusive Automatisierung war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt.«
Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit in Balance
Durch die Entscheidung pro Automatisierung – unter Ausschluss eines Schmalgangstaplerbetriebs – ist es Hofreiter mit partnerschaftlicher Unterstützung von SSI Schäfer gelungen, vollautomatische Prozesse vom Rohwarenlager bis zur Versandbereitstellung zu realisieren. Die Lagerkapazitäten und der Durchsatz wurden deutlich gesteigert, Mitarbeitende bei Umgebungstemperaturen von -20 °C entlastet. Außerdem schließt die Automatisierung nahezu alle Fehler aus, die auch die Produktqualität beeinträchtigen können. Nicht zuletzt sorgt das umgesetzte Prinzip der mehrfachtiefen Kanallagerung dafür, Energiekosten moderat zu halten.◄