Mittelschwere elektrische LKW ab 16 Tonnen bis 27 Tonnen werden bereits seit 2019 von Volvo Trucks in Serie produziert und in den Einsatz gebracht. Der nächste Schritt sind die schweren Klassen. Die batterieelektrischen Varianten von Volvo FM und Volvo FH stehen in den Startlöchern. In Verbindung mit Kofferaufbauten oder elektrifizierten Kühlaufliegern bilden die emissionsfreien Fahrzeuge die perfekte Kombination für die Frischelogistik.
Die LKW-Industrie in Europa muss künftig schärfere Klimaschutzvorgaben einhalten. Die CO2-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge sollen bis 2025 um 15 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken. Bis 2030 muss der Ausstoß des Klimakillers bei neuen LKW sogar 30 Prozent niedriger sein. Bei Verstößen drohen saftige Strafen. Von circa 5000 Euro für jedes überschrittene Gramm Treibhausgas ist die Rede. Die LKW in der EU tragen zu fast ein Viertel an den gesamten CO2-Emissionen im Verkehr bei. Ein höherer Anteil an Zero-Emission-Nutzfahrzeugen im Markt könnte für Entspannung sorgen. Hinzu kommt, dass immer mehr Städte sogenannte Zero-Emission-Zonen einführen. Sie werden den künftigen Verteilerverkehr mit Elektrofahrzeugen prägen.
Elektrische Volvo LKW kurzfristig lieferbar
Während viele Hersteller noch mit Versuchsträgern experimentieren beziehungsweise ihre E-Modelle jetzt erst serienreif haben, kann Volvo Trucks längst liefern. Der schwedische Hersteller zählt zu den Vorreitern bei Lastwagen mit Elektroantrieb und verkauft bereits seit 2019 vollelektrische LKW. Die Modelle Volvo FE Electric und Volvo FL Electric sind trotz globaler Probleme der Industrie bei der Lieferung kurzfristig zu erhalten. Derzeit bietet Volvo das weltweit breiteste Sortiment an schweren Elektro-LKW an. Die lokal emissionsfreien Volvo FL Electric und Volvo FE Electric sind für den städtischen Verteilerverkehr konzipiert und können mit Trockenfracht- und Kühlkoffer in der Frischelogistik zum Einsatz kommen. Die mittelschweren elektrifizierten Zwei- und Dreiachser sind für 16 und 27 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht geeignet. Mit den nahezu lautlosen Solo-LKW können Versorgungsaufgaben auch in den Nacht- oder frühen Morgenstunden und selbst in Fahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge durchgeführt werden.
Den Antrieb im mittelschweren Volvo FE Electric 6×2 übernehmen zwei identische Elektromotoren mit 330 kW (440 PS) Dauerleistung. Die Spitzenleistung beziffert Volvo mit 440 kW (540 PS). Die Kraft der E-Motoren gelangt über ein automatisiertes Zweiganggetriebe, Kardanwelle und Hinterachse mit Differenzial an die Räder. Den Strom liefern Lithium-Ionen-Batterien. Die Batteriegröße lässt sich je nach Anspruch anpassen. Die drei, vier oder sechs identischen Akkublöcke am Fahrzeugrahmen speichern zusammen 200, 265 beziehungsweise 395kWh elektrische Energie, was dank Rekuperation im innerstädtischen Stop-and-go-Betrieb für bis zu 300 Kilometer Fahrstrecke ausreicht. Mit Kühlaufbau reduziert sich die Reichweite auf circa 200 Kilometer. Damit dürfte die tägliche Belieferung der meisten Supermärkte mit Frischeprodukten ohne Zwischenladen möglich sein.
Das Laden leerer Batterien erfolgt entweder am Wechselstromnetz oder an Gleichstrom-Schnellladestationen. Im ersten Fall dauert es bis zur vollen Aufladung acht bis zehn Stunden, an Schnellladesäulen eineinhalb ein bis zwei Stunden. Im Bedarfsfall stehen in weniger als 90 Minuten wieder 80 Prozent der Batteriekapazität bereit. Das ist nützlich, wenn in zwei Schichten gearbeitet wird oder das Fahrzeug für zusätzliche Reichweite in der Mittagspause aufgeladen werden soll. Die Lebensdauer der Akkus ist abhängig von den Einsatzbedingungen und beträgt etwa acht bis zehn Jahre. Dank des niedrigen Geräuschpegels und des vibrationsfreien Antriebs verbessern sich Arbeitsumfeld und Komfort für die Fahrer. Die Volvo E-LKW sind wie ihre Dieselbrüder mit verschieden großen Fahrerkabinen kombinierbar. Bis zu sechs Radstandvarianten für unterschiedliche Aufbaulängen stehen zur Wahl.
Elektrisch durch die Stadt
»Unser Ziel ist es, bis 2030 mindestens die Hälfte aller verkauften Volvo LKW elektrisch auf die Straße zu schicken. Bis spätestens 2040 haben wir unser gesamtes LKW-Sortiment dekarbonisiert«, sagt Peter Ström, Geschäftsführer der Volvo Group Trucks Central Europe GmbH in Ismaning. Mit den Verteilerfahrzeugen lassen sich besonders im städtischen Bereich Strecken zwischen verschiedenen Kühllagern oder Verteilerzentren zum Kunden emissionsfrei vornehmen. Mit der angekündigten Erweiterung des Portfolios an Elektrofahrzeugen leistet Volvo einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Klimabelastung durch den Straßengüterverkehr.
Mit den Volvo FM Electric und FH Electric kann nicht nur der Transport innerhalb von Ballungszentren, sondern im Regionalverkehr auch zwischen Städten erfolgen. Noch in diesem Jahr gehen die beiden neuen vollelektrischen Modelle der schweren Baureihen zusammen mit dem Volvo FMX Electric für den Bau in den Verkauf. Ihre Serienfertigung soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 beginnen, zunächst mit Sattelzugmaschinen. Anfang 2023 würden dann die Fahrgestelle folgen. Sie ergänzen die schon länger verfügbaren Serien-Modelle Volvo FL Electric und Volvo FE Electric, mit denen Volvo über ein Sortiment von dann fünf mittelschweren und schweren LKW mit Elektroantrieb verfügt.
Für den Antrieb griff Volvo auf Bewährtes aus eigenem Haus zurück. Die Elektromotoren stammen vom Schwesterunternehmen Volvo Buses und treiben auch den Volvo FE Electric an. Zu finden sind diese E-Motoren bereits in mehr als 4000 elektrisch angetriebenen Stadtbussen, die Volvo seit 2010 verkauft hat.
Die Batterien in den schweren elektrischen Volvo Trucks sind neuester Bauart und besitzen eine hohe Energiedichte. Die Schweden haben sie zusammen mit Samsung entwickelt und bauen die Lithium-Ionen-Pakete im eigenen Werk zusammen.
Ein Volvo FM Electric oder Volvo FH Electric mit einem vollelektrischen Kühlkoffer samt elektrischer Transportkältemaschine und Generatorachse ist die perfekte Kombination für Kühltransporte in der regionalen Frischelogistik. Zumindest ein Trailerhersteller hat solche Auflieger bereits im Praxistest bei Kunden im Einsatz. Derartige Kühlzüge absolvieren den innerstädtischen Verteilerverkehr lokal emissionsfrei, brauchen keine »Zero Emission Zones« fürchten und emittieren auch weniger Lärm. Anstelle des Dieseltanks am Trailer sind Akkus am Stützwindwerk verbaut. Die elektrifizierte Trailerachse rekuperiert zudem bei jedem Bremsvorgang Energie und lädt die Batterien nach. Das minimiert das Nachladen über das Stromnetz im Distributionszent-rum.
Einfacher Umstieg auf E-LKW
Mit den E-LKW bietet Volvo Trucks auch ein komplettes Paket an Service-, Wartungs- und Finanzierungslösungen. Damit will der Hersteller seinen Kunden den Antriebswechsel so schnell und einfach wie möglich gestalten. »Für die Unternehmerinnen und Unternehmer ist es wichtig, dass die Umstellung auf LKW mit Elektroantrieb schrittweise, reibungslos und einfach erfolgen kann. Sie werden über viele Jahre hinweg eine gemischte Flotte mit unterschiedlichen Antriebssträngen betreiben und können weiterhin Systeme wie das Flottenmanagementsystem Dynafleet sowie denselben Dienstleister für alle ihre Volvo LKW nutzen. Der Antriebsstrang mag unterschiedlich sein, aber der Rest ist sehr ähnlich, sodass der Umstieg auf Elektro-LKW nahtlos und logisch ist«, versichert Ström.
Bis zu 80 Prozent Förderung von E-LKW
Beim Umstieg auf E-Antriebe für LKW soll auch das jüngst aufgelegte Förderprogramm der Bundesregierung helfen. Es sieht eine Kaufprämie für alle Nutzfahrzeuge mit alternativem Antrieb vor. Demnach übernimmt der Staat auch für die fünf E-LKW-Modelle von Volvo bis zu 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem Diesel-LKW. Zusätzlich wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur finanziell mit 80 Prozent der Kosten unterstützt. Damit ist der Weg frei für eine schnelle Skalierung der Zulassungszahlen bei elektrischen LKW in Deutschland.
Für höhere Tagesfahrleistungen mit den rein batterieelektrischen Volvo-LKW ist ein Zwischenladen durch Ladesäulen am Be- und Entladeort nötig. Insgesamt muss die Anzahl öffentlicher Stromtankstellen für LKW in Europa massiv steigen. Volvo geht von mindestens 20 000 erforderlichen Ladepunkten an den wichtigsten logistischen Drehkreuzen und Terminals und von 6000 Schnellladesäulen entlang der Autobahnen aus, die zwischen 2025 und 2030 benötigt werden. Für den Erfolg der E-Laster ist außerdem ein einheitlicher Ladestandard innerhalb der EU eine Grundvoraussetzung. Nicht zuletzt müsse im Einklang mit der zunehmenden Anzahl an E-LKW auf den Straßen kräftig in die Stromversorgung und Netzkapazität investiert werden.◂
Frank Hausmann