Das britische Unternehmen Sunswap wurde 2020 gegründet und war in diesem Jahr auf der IAA Transportation mit ihrem autonomen, batterie- und solarbetriebenem Transportkälteaggregat Endurance. Die Serienproduktion läuft jetzt an, erste Einheiten sind bei DFDS emissionslos im Einsatz.
Nicht nur Schwergewichte wie Schmitz Cargobull wagen sich auf den Markt der Transportkälteaggregate. Auch neue Unternehmen mit einer Idee erweitern das Angebot und versuchen, mit Innovationen ein Stück vom scheinbar fest aufgeteilten Kuchen abzubekommen. Ein Beispiel dafür ist der britische Hersteller Sunswap, der sich im September auf der IAA Transportation in Hannover erstmals präsentierte.
Sunswap nutzt die Gelegenheit des Technologieumbruchs weg vom Diesel hin zur Elektrolösung, der nicht nur auf dem PKW-Markt die Karten zum Teil neu mischt, sondern eben auch bei den Kältemaschinen für Truck und Trailer. Sunswap bezeichnet sich daher auch als »Cleantech-Company«, als Firma für saubere Technologie, und gibt als Mission aus, die weltweite Kühlkette zu dekarbonisieren, und zwar mit leistungsstarken, kostenkompetitiven, emissionsfreien Transportkälte-Lösungen. Erstes Resultat dieser Mission – das Unternehmen wurde 2020 gegründet und entwickelt seitdem – ist »Endurance«, eine eigens entwickelte solar- und batteriebetriebene Transportkältemaschine. Es handele sich um die umweltfreundlichste und leistungsfähigste elektrische Kühlung, die verfügbar ist, und sie könne nahtlos in den vorhandenen Flottenbetrieb integriert werden, verspricht Sunswap.
Bei der Lösung ist das gesamte Trailerdach mit Solarpaneelen belegt, 50 bis 75 Prozent der Energie des Kühlaggregats komme daher, berichtete Ben Fielden, Marketing Manager des Unternehmens, auf der IAA. In der Produktbroschüre spricht Sunswap von einem »solar-erweiterten« Betrieb, der die Reichweiter erhöhen und den Ladebedarf der als Energiequelle eingesetzten Batterien reduzieren würde. Bis zu 86 Prozent der benötigten Energie könne im Jahresverlauf von den Solarzellen kommen, heißt es in der Broschüre. Ein Effekt der mitgeführten Photovoltaik sei, dass die Batterien im Gegenzug kleiner dimensioniert werden könnten. Diese seien modular aufgebaut, vier Optionen mit drei bis sechs Modulen bietet Sunswap bei der Kapazität an, entsprechend 32 bis 72 kWh. Bis auf die größte Option würden alle Varinaten drei Stunden für eine Komplettladung von 0 auf 100 Prozent benötigen. Als Lademöglichkeiten nennt der Hersteller 32 A Dreiphasen Commando Socket und Typ 2 EV Charger.
»Endurance« sei als Gesamtpaket gestaltet, mit der Effizienz des Systems als Ziel. Auch eine Telematikplattform gehöre dazu, die Aggregate seien über 4G Mobilfunk mit einer Cloud verbunden. Das ermögliche Fernzugriff und -wartung sowie Softwareupdates zur Optimierung von Leistung und Effizienz. Am Gerät selbst findet sich ein handschuh- und regenwettertaugliches Touchscreen-Bedienpanel.
Die laufenden Kosten seien mit der Lösung niedriger als bei Dieselaggregaten, um bis zu 85 Prozent, so Sunswap. Und auch bei den Gesamtbetriebskosten (TCO) seien Einsparungen bis zu 35 Prozent drin, die typische Amortisationszeit gibt das Unternehmen mit vier bis fünf Jahren an. Endlich müsse man sich nicht mehr zwischen der Umwelt und dem Firmengewinn entscheiden, verspricht der Anbieter selbstbewusst.
Endurance sei autonom und traileragnostisch, betont das Unternehmen. Gemeint ist, dass das Kühlaggregat Standardabmessungen hat, die kompatibel mit allen großen Kühltrailerherstellern sind und keine Modifikationen für den Einbau nötig sind. Außerdem könne ein mit dem Gerät ausgestatteter Trailer mit jeder Zugmaschine betrieben werden, auch mit Elektro-LKW, ohne einen Einfluss auf den Kraftsstoffverbrauch oder die elektrische Reichweiter des LKW zu haben. Und Endurance könne somit auch unabhängig ohne Zugmaschine auf dem Hof laufen.
Sunswap baut laut Fielden derzeit die Serienproduktion der Einheiten in Leatherhead in der englischen Grafschaft Surrey unweit von London auf. 100 Einheiten sollen dort im ersten Jahr hergestellt werden. Beim Absatzmarkt liegt der Fokus in der EU auf den Benelux-Ländern.
Tests unter anderem bei Molkerei Müller
Die ersten Einheiten der Transportkälteanlage sind bei DFDS im Einsatz. Unter den Testkunden von Prototypen listet Sunswap neben Tesco, der Tip Group und Americold auch die Molkerei Müller. »Wir waren beeindruckt von der Leistung des Systems und seiner Fähigkeit, über die gesamte Dauer des Tests mit kostenloser, sauberer Energie, die durch die Solarpaneele erzeugt wurde, zu laufen«, erklärte Wayne Exley, Senior Logistics Manager bei Müller. Die Erprobung dauerte zwei Wochen und umfasste Milchlieferungen, bei denen mit dem System konstant 3 °C aufrechterhalten werden konnten, so das Unternehmen. In dieser Anwendung wurde ein Solar-Anteil von 78 Prozent des jährlichen Energiebedarf des Aggregats errechnet.
Die Tests bei DFDS umfassten unter anderem 22 Stunden durchgehenden Betrieb bei -22 °C mit 71 Prozent geringeren Betriebskosten als mit Diesel, auch auf der längsten Route des Logistikers von Peterborough nach Schottland und zurück habe Endurance sich im Tiefkalten bewährt. Tesco hat laut Sunswap das Aggregat auf komplexen Multitemp-Routen über 17 Stunden mit drei Stopps bei 1 und 12 °C im Hochsommer getestet. Auch hier habe die Temperatur in beiden Kammern aufrechterhalten werden können, bei 70 Prozent Kosteneinsparungen im Betrieb.
Umwelteffekt kann Kunden sichern
Die Briten sehen steigende Kosten in der Diesel-Abhängigkeit der bisherigen Transportkühlung. Allein für den Kraftstoff müssten Logistiker auch jetzt schon 4000 bis 6000 Pfund pro Einheit und Jahr aufwenden – für große Flotten gingen die Kosten also in die Millionen. Den Umwelteffekt beziffert Sunswap mit 8 bis 12 Tonnen CO2 pro Einheit und Jahr, was selbst bei einer mittelgroßen Flotte mit 500 Einheiten über die Gesamtlebenszeit der Geräte bis zu 60 000 Tonnen CO2-Emissionen bedeute. Angesichts von Kunden, die ihre Supply Chain nachhaltiger gestalten wollen, würden Flottenbetreiber, die weiter auf Diesel setzen, riskieren, ihre Verträge an »grünere« Konkurrenten zu verlieren, benennt Sunswap eine mögliche Folge dieses Umwelteinflusses. Über allem liege zusätzlich noch der Schatten regulatorischer Unsicherheit: Mögliche zukünftige Einschränkungen bei Dieselmotoren könnten kostspielige, ungeplante Flottenerneuerungen erzwingen, mahnt das Unternehmen. (ms)